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Falsche Anforderungen im Stelleninserat
Ein häufiger Fall, dass ein Arbeitsloser trotz passenden Profils nur eine Absage kriegt, ist darauf zurückzuführen, dass das Stelleninserat nicht
ganz auf die zu besetzende Stelle passt, denn meistens kann in einem Inserat aus einem Kriterienkatalog nur das Wichtigste stehen (und
manchmal gehen sogar wichtige Punkte unter oder werden vergessen.) Teilweise kann man solche Punkte noch aus dem Kontext im Inserat
erkennen, aber das leider nicht immer. Ganz häufig wird das Alter nicht erwähnt, obwohl es in der Regel - DAS Killerargument - ist! (Nein nicht die
fachliche Übereinstimmung oder das Können ist am Wichtigsten, sondern das Alter des Kandidaten)! Was auch gerne untergeht, ist die Frage
nach einem Führerschein, das vor allem bei Stellen, bei denen ab und zu mal zu Kunden gefahren werden muss, jedoch aber nicht das
Hauptkriterium der Arbeit ist. Auch das Unterschlagen der Staplerausweise bei Lageristenstellen kann dazu führen, dass sich Leute für die Stelle
melden, die keinen Staplerausweis haben, obwohl der zwingend nötig wäre. Wir hatten mal ein Stelleninserat erhalten, aus dem nicht klar
ersichtlich war, was eigentlich gemacht werden musste, denn es war kein PKW-Ausweis verlangt worden, obwohl etwas mit Fahrzeugen erwähnt
worden war. Der Inhalt las sich so, wie wenn es um Kameraschienen und Kameramotorgestelle ging, doch erst ein Anruf schuf Klarheit. Es ging
um den Einbau von Kameras in Autos. Wegen der unklaren Beschreibung hatte sich ein Kandidat ohne PKW-Ausweis gemeldet gehabt und der
hatte die Stelle sogar gekriegt. Aber leider wegen des fehlenden PKW-Ausweises hatte er die Stelle in der Probezeit wieder verloren! Bei einem
anderen krassen Fall von Diskrepanz zwischen Stelleninserat und Stellenanforderung hatte letzthin ein Kandidat das Glück gehabt, dass er auch
die versteckten und die zukünftigen Anforderungen erfüllen konnte. Denn es war nichts im Inserat gestanden, dass später Pikettdienst
dazukommen wird und dass einen Haufen alte Software immer noch genutzt wird und logischerweise deren Kenntnisse noch verlangt werden.
Auch dies wurde im Inserat nicht erwähnt.
Erstellt mit MAGIX
Gezielte Falschinformation bei Absagen
Dies ist leider ein tägliches Übel, dass Kandidaten bei Absagen nicht erfahren, warum sie nicht genommen werden oder - noch schlimmer -
falsche Angaben erhalten. Solche Sachen gibt es sogar nach Vorstellungsgespräche, wo dem Kandidaten nicht mal gesagt wird, warum er nicht
genommen worden ist. Sehr häufig ist die Floskel: “Wir haben (einen) Kandidaten gefunden, der/die noch besser auf das Profil passen.” Das kann
wahr sein, aber kann auch heissen, “Uns passt Ihr Gesicht nicht.” oder “Sie sind zu alt für unsere Firma.” oder “Sie haben etwas, was uns nicht
passt”. Und auch auf gezielte Rückfragen des Kandidaten wird sehr gerne ausgewichen oder um den heissen Brei geredet. Ein Kandidat hatte bei
einer Firma ein Vorstellungsgespräch gehabt und ein sehr gutes Feedback von der Firma erhalten. Aber die Stelle hatte er wegen “Kleinigkeiten”
nicht erhalten. Und auf die Rückfrage, was denn genau diese “Kleinigkeiten” seien, wurden nur Ausreden gesucht, wie “wir wissen es nicht genau”
usw. Also nehmen wir an, dass der Kandidat wegen eines Faktors (Alter oder nicht mehr heilbare Reste einer Erkrankung des Kandidaten, die
aber auf die Arbeit absolut keinen Einfluss gehabt hätte) der nichts mit der Stelle zu tun hat, nicht genommen wurde. Ein anderer Kandidat wurde
nach einem Vorstellungsgespräch trotz bestem Feedback mit “Überqualifiziert” aus dem Bewerbungsrennen geschmissen. Auf die Anfrage, wieso
auf einmal überqualifiziert, kam keine Antwort mehr. Der Verdacht unsererseits ist, dass der Abteilungsleiter Angst hatte, dass der Kandidat an
seinem Stuhl sägen würde.
Versagen von Firmen bei Vorstellungsgespräche
Die oben stehenden Sachen sind noch harmlos gegen das was wir jetzt unten stehend aufzeigen.
Ein Kandidat wurde zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Als dieser am Tag des Vorstellungsgespräches schon in der Nähe der Firma
gereist war (ca. 30 Minuten vor dem Gespräch), bekam der Kandidat einen Anruf von dieser Firma mit einer Absage des Vorstellungsgespräches!
Auf Rückmeldungen von anderen Kandidaten und auch vom Stellenvermittler, der für diese Firma Leute vermittelt, sei das bei dieser Firma leider
ziemlich normal! Unserer Meinung nach ist das eine ganz schlechte Eigenschaft einer Firma. Dort ist das Terminmanagement scheinbar ziemlich
im Eimer. Und es gab weitere, ähnlich gelagerte Fälle: Ein Kandidat wurde zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Dieser wurde in ein
Sitzungszimmer geleitet und musste dann lange warten. Ca. 30 Minuten nach dem das Gespräch hätte starten sollen, kam der Chef in den Raum
und sagte dem Kandidaten, dass er in 30 Minuten gleich wieder weg muss. In so einem Umfeld kam dann in der restlichen Zeit kein richtiges
Gespräch mehr zustande und der Kandidat wurde mit einer Absage eingedeckt. In noch einem Fall wurde ein Kandidat komplett vergessen und
(wohl um die Schmach und Schande zu vertuschen) es wurde dem Kandidaten auch eine Absage zugestellt.
Ganz fiese Absagen von Firmen
Es gibt aber auch Firmen, die ihre Bewerber mit ganz fiesen Absagen abkanzeln. Auffallend dabei war, dass die Kandidaten Handicapierte waren
und die Firmen solche, die eigentlich Handicapierte wieder in den Arbeitsalltag zurückführen sollen. Ein Kandidat hatte sich nach langer schweren
Krankheit bei einer Behinderteninstitution für einen 50% Job beworben, damit der Kandidat wieder ins Arbeitsleben zurückkommen könnte. Die
Instititution schickte dem Kandidaten eine Absage mit der Floskel “wir haben besser passende Kandidaten”. Da aber die IV auch involviert war
und diese dort auch angefragt hatte, kam der reale Grund zum Vorschein: “Der Kandidat sei höchstgradig ausfallgefährdet und würde daher sehr
schnell wieder aus der Firma raus fallen!” Fazit: Wie sollen dann handicapierte Kandidaten jemals wieder auf dem Arbeitsmarkt zurückfinden,
wenn diese schon beim Wiedereinstieg so abgespeist werden? Ein anderer Kandidat mit einer leichten Einschränkung (0 bis 20% abhängig von
der Tätigkeit) im Rücken hatte sich für einen 80% IT Job bei einer Behinderteninstitution beworben. Da bekam der Kandidat eine Absage mit der
Begründung, dass er zu stark (!) behindert sei! Da die ganze Sache über einen Stellenvermittler lief, ist nicht klar, ob die Institution das wirklich so
raus gelassen hatte. Jedenfalls hatte das auch der Stellenvermittler sehr komisch gefunden. Zudem sind uns mehrere Fälle eingegangen, bei
denen Firmen Arbeitslosen zugetragen haben, dass sie keine Arbeitslosen wollen. Ein kurioser Fall wurde uns zugetragen, wo ein Kandidat sich
auf eine Stelle als Elektro-Servicemonteur bei einem Elektrokonzern beworben hatte und eine Absage als IT-Servicetechniker erhalten hatte! Ein
weiterer Fall war ein Konzern, bei dem explizit auf der Webseite erwähnt war, dass Handicapierte bei Stellenanfragen oder Spontanbewerbungen
auf eine bestimmte E-Mailadresse schreiben sollen. Wenn die dann das auch taten, kam eine Mail zurück, dass die sich bitte wie alle anderen
normal auf Stellen auf der Firmenwebseite bewerben sollen! Oder dann die Call-Center-Firma, die Leute sucht und für das Einsenden der
Bewerbungen eine nicht mehr funktionierende E-Mailadresse angibt! Und jetzt noch der absolute Hit: Ein Klempner mit abgeschlossener
Ausbildung suchte in einer bestimmten Region eine Stelle und ging bei 30 Klempnerfirmen persönlich vorbei. Resultat: 27 Absagen, 3 sind noch
offen (Wie war jetzt das mit dem Handwerkermangel?). Und bei den Absagen hatte er zwei dabei, wo man sich wirklich fragen muss, was
eigentlich los ist: “Wir können Sie leider nicht anstellen, weil wir zu viel Arbeit (und zu wenig Arbeiter) haben!”. Und noch so ein Fall, der zu
denken gibt: Klempner bewirbt sich bei einer Kanalreinigungsfirma als Kanalreiniger und erhielt von denen die Absage, dass sie keine den
Wünschen des Kandidaten passende Stelle offen hätten. Wenn das wirklich so wäre, hätte sich der Kandidat sicher nicht bei denen beworben!
Pedante Firmen
Gewisse Firmen sind bei der Suche nach einem Kandidaten teilweise so dermassen pedantisch, dass Kandidaten sogar bei einer 100%-igen
Übereinstimmung eine Absage kassieren, weil irgendwo ein mickriges Detail der Firma nicht passt und wenn es nicht mal was mit der Stelle zu
tun hat. Das können sogar Sachen sein, die Jahre oder Jahrzehnte zurückliegen. Da genügen zum Teil schon ein 1 bis 3 monatiger Unterbruch
wegen eines Unfalls oder einer schwereren Krankheit oder wenn eine Frau in der Vergangenheit ein Kind gekriegt hatte. Auch Firmen, die keine
Arbeitslosen anstellen wollen, gehören in diese Kategorie.
Firmen, die Stellen intern besetzen und dennoch Inserate schalten.
Etliche Firmen produzieren enormen Leerlauf, wenn sie offene Stellen mit bereits vorhandenem Personal besetzen und dennoch die Stellen
ausschreiben. Gewisse Firmen (i.d.R. öffentliche Institutionen) sind sogar gezwungen, diesen Leerlauf mitzumachen. Erstens bewerben sich dann
viele Bewerber sinnlos und kassieren logischerweise nur Absagen. Zweitens wird der Personalabteilung der Firma unnötige Arbeit aufgebürdet
und es gibt drittens dadurch in der Firma höhere und unnütze finanzielle Auslagen. Stellenvermittler können das auch sehr gut.
Zertifikatwahn.
Heute werden bald für die banalsten Stellen schon Zertifikate, Zeugnisse, Diplome usw. verlangt. Jede noch so kleine Weiterbildung muss mit
einem Zertifikat belegt werden und wenn ein Kandidat ein oder mehrere Zertifikate nicht hat, sind seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt bereits
massiv gesunken. Ausserdem macht es der Zertifikatwahn den Kandidaten massiv schwerer, sich neu- oder ganz umzuorientieren zu können.
Ganz schlimm sind die Zustände in den Kader und in der IT Branche. Auch wird immer mehr (mindestens eine) höhere Fachausbildung
(TS/HF/FH/Uni) verlangt und das sogar für Stellen, wo das eigentlich nicht nötig wäre. So kommen Kandidaten ohne Hochschulabschluss nur
noch selten in Kaderstellen rein. Das mit den Zertifikaten beginnt heutzutage schon bei der Lehrstellensuche. Wer da gewisse Zertifikate wie
Basic-Checks oder Multi-Check nicht vorweisen kann, der kriegt bei etlichen Firmen keine Lehrstelle mehr. Und ist das Schulzeugnis nicht gerade
gut oder besser, so klemmt es erst recht mit der Lehrstellensuche. Auch Umsteiger sind von dem Wahn betroffen. Die trifft es meistens sogar
härter als diejenigen mit Vollwertausbildung, denn denen fehlen häufig irgendwelche Abschlüsse und Zertifikate. Wenn jemand längere Zeit in
einem (anderen) Beruf ohne Abschluss gearbeitet hatte, dem sollte die Möglichkeit gegeben werden, den Abschluss nachholen zu können.
Arbeitsweg.
Viele Firmen schauen auch darauf, wie lange ein Kandidat braucht, um von zu Hause bis an den Arbeitsplatz zu gelangen. Denn je länger der
Arbeitsweg für den Kandidaten ist, desto eher besteht die Gefahr, dass dieser wieder abspringen wird. Für viele Firmen ist daher das Limit bei 1
Stunde pro Weg das Limit. Bei Firmen, die auch Pikett oder Bereitschaftsdienst haben, liegt das Limit häufig schon bei 30 Minuten oder weniger.
Bei sehr wichtigen Sachen darf der Arbeitsweg zum Teil nicht mal 15 Minuten pro Weg betragen. Man beachte, dass Arbeitsämter/RAV einen
Arbeitsweg von 2 Stunden pro Richtung als zumutbar halten! Zudem fällt auf, dass Firmen den Kandidaten nicht mehr die Möglichkeit geben, vor
dem Stellenantritt noch umzuziehen. Dann der Arbeitslosenpool gibt ziemlich sicher einen Kandidaten aus, der näher wohnt als der andere. Doch
es gibt leider auch Ausnahmen. Ein Kandidat hatte sich in der Schweiz für eine Stelle beworben, die ca. 1 Stunde Fahrzeit vom Wohnort entfernt
lag. Der Kandidat bekam eine Absage. Später fanden wir heraus, dass stattdessen ein Deutscher genommen wurde, der zuerst noch umziehen
musste. Es gibt auch Fälle, dass Kandidaten nur wegen der Wohngegend/Kantons/Bundesland nicht genommen werden, weil der Personaler in
der Firma eine Abneigung gegen die Gegend oder Leute aus der betreffenden Gegend hat.
Rückrufe? Was ist das?
Ein tägliches Ereignis welches Kandidaten erleben müssen ist, dass der Ansprechpartner in den Firmen gerade mal nicht da ist und jemand
anderes das Telefon abnimmt. Das Resultat ist dann sehr häufig das, dass der Gesprächspartner dem Kandidat sagt, dass er der Ansprechperson
das mitteilen würde und diese dann zurückrufen werde. Dies wird aber zu ca. 90% nicht passieren, denn das geht aus diversen Gründen unter
oder perfider, die Firma spekuliert darauf, dass der Kandidat nochmals anrufen würde. Es gibt Firmen, da kann der Kandidat fünfmal und mehr
Anrufe tätigen, immer mit dem Resultat, dass er die falschen Personen erwischt und mitgeteilt bekommt, die gewünschte Person werde
zurückrufen. So eine Firma sollte mal ihre Kommunikationsstrukturen überprüfen.
Ehrlichkeit und korrekte Absagen
Wenn eine Firma einem Kandidaten eine Absage (schriftlich) zustellt, sollte auch ehrlich dabei stehen, wieso der Kandidat nicht genommen wird.
Häuft sich ein Absagegrund bei einem Kandidaten, dann hat der Kandidat die Möglichkeit etwas dagegen zu unternehmen. (zB: er kann dem
Arbeitsamt zeigen, dass er wegen fehlender Zertifikate keine Stelle bekommt.) Mit nichtssagenden Floskeln wie “wir haben uns für einen anderen
Kandidaten entschieden” ist dem Kandidaten nicht geholfen. Auch wenn Fehler oder Verbesserungsmöglichkeiten im Lebenslauf vorhanden sind,
sollte dies dem Kandidaten mitgeteilt werden, damit er die Möglichkeit hat, diese Sachen ausbügeln zu können.
Auch ein unterschriebener Arbeitsvertrag ist keine Garantie
Und hast Du es endlich geschafft, einen Arbeitsvertrag zu ergattern, so drohen noch weitere Unbill auf Dich. Die erste heisst “Probezeit” und
dauert in der Regel einen bis drei Monate. Wenn eine Firma nur schnell günstig jemanden braucht und nachher wieder entsorgen will, können die
dem Kandidaten in der Probezeit innert kurzer Zeit kündigen und irgendeinen Vorwand vorschieben, wieso ihn nicht mehr wollen. Noch perfider ist
es, wenn die Firma Dir kurz vor Ablauf der Probezeit Deinen unbefristeten Vertrag auflöst und Dir stattdessen einen befristeten Vertrag zu
schlechteren Konditionen anbietet. Es gibt Firmen, die das auch ausnützen, um die Probezeit zu verlängern. Obwohl das eigentlich nicht legal
sein dürfte. Eine weitere Unbill ist, wenn die Arbeit schon beim Antritt der Stelle oder nach einiger Zeit nicht mehr mit der Jobbeschreibung
übereinstimmt. Uns ist ein Fall bekannt, wo ein IT Supporter angestellt wurde und nach 3 Monaten hatte der mehrheitlich nur noch logistische
Aufgaben zu erledigen gekriegt. Eine weitere Unbill ist, wenn ein Arbeitnehmer zwei oder mehr Vorgesetzte hat. Dies vor allem dann, wenn diese
auch noch gegeneinander arbeiten. Das ruiniert jeden Arbeitnehmer! Eine weitere Unbill ist, wenn Dein Vertrag in eine andere Firma transferiert
wird. Dies passiert meistens bei Outsourcing. In der Regel werden dann die neuen Verträge schlechter sein als die alten.